Revisionseingriffe machen heute einen Gutteil der Arbeit eines Adipositas-Chirurgen aus. Ich meine mich zu erinnern in einem Interview gehört zu haben, dass sich der Anteil um 30% aller heute durchgeführten Operationen dreht. Nicht überraschend, wie ich finde, da sich, meiner Wahrnehmung nach, um 2016/2017 herum die Anzahl der bariatrischen Operationen auf einem Hoch befand. 3-5 Jahre nach OP geht nun darum, die möglicherweise enttäuschten Hoffnungen weiter zu optimieren, bzw. wieder ins Lot zu bringen.
Wie ich einst die Adipositas-OP an sich, als "den leichten Weg nehmen" bezeichnet habe, so habe ich auch den Wunsch nach einem Revisionseingriff abgetan. Immerzu auf ästhetische Beweggründe und die Zahl auf der Waage fixiert, habe ich dabei vollkommen übersehen, dass es gute, manchmal sogar drängende Gründe für einen Revisionseingriff geben kann.
Sicher, ein Chirurg möchte seine Operationen „verkaufen“ und wie alle Fachleute hat auch er für Bereiche außerhalb seiner Profession mitunter Scheuklappen auf, vermute ich. Damit wird eine Adipositas-OP, meiner Meinung nach schnell zum Allheilmittel.
Ob es nun Verkaufsstrategie war oder nicht, mir hat es jüngst gutgetan Anerkennung aus berufenem Mund zu hören: dass ich in meinem Alter und mit meinem Ausgangsgewicht so weit gekommen sei, könne ich meiner strikten (low carb) Ernährung, meiner disziplinierten Supplementation und meinem Willen in Bewegung zu bleiben zuschreiben, so die Aussage im Adipositaszentrum. Nach chirurgischen Maßstäben sei ich ein gut informierter und erfolgreicher Patient und die 25 wieder zugenommenen Kilos seien zu erwarten gewesen. Hätte ich WIRKLICH wieder zugenommen, wäre ich vermutlich vor Jahren schon wieder im Zentrum aufgeschlagen.
Doch neben der Refluxproblematik, so die Aussage des Chirurgen, die erfolgversprechend mit Revisionseingriffen behandelt werden könne, stelle mein aktuelles Gewicht von 110 kg (Stand September 2021, Waage im Adipositaszentrum) für die Zukunft dennoch ein Problem dar. Ein nachhaltiges Gewicht von unter 100 kg sei für mich anzustreben.
Zudem gäbe es da ja auch noch die kleine Hianthusherne, die im Vorfeld von meinem Gastrologen diagnostiziert worden war und die laut des Chirurgen bei der Gelegenheit mittels Hiantoplastik korrigiert werden solle.
Reflux nach Schlauchmagen
Auch in den Jahren vor meiner Schlauchmagen-OP hatte ich gelegentlich mit saurem Ausstoßen zu tun. Angesicht meiner eher ungünstigen Ernährung und meines starken Übergewichtes damals, vermutlich auch nicht verwunderlich. Ein krankhafter Reflux lag jedoch nicht vor.
Ich habe Reflux erst nach meiner Schlauchmagen-OP kennengelernt. Damit gehöre ich zu den, ca. 30 % der Schlauchmagen-Patienten (10 % bei Bypass-Patienten), bei denen 5 Jahre nach OP, ein postbariatrischer Reflux diagnostiziert wird. Ernährungs- und Verhaltensänderungen können helfen, ebenso wie der Einsatz von Säureblockern oder Revisionseingriffe.
Was die Ernährung betrifft, so setze ich bekanntermaßen auf eine kohlenhydrat-reduzierte Ernährung und seitdem ich darauf achte mich nach dem Essen nicht hinzulegen, verschwand auch die Rückfluss-Problematik des Nahrungsbreis der ersten Jahre nach OP auch wieder. Erst 2020 hat sich Reflux bei mir manifestiert und angefangen mir echte Probleme zu bereiten. Seitdem bin ich ihn nicht mehr losgeworden. Den langfristigen Einsatz von Protonenpumpenhemmer (rb. Omeprazol oder Pantoprazol) und Antazida (zb. Maaloxan oder Rennie) lehne ich ab, da ich der Meinung bin, dass sie auf Dauer mehr Nebenwirkungen als Nutzen bringen.
Dank einer Reihe an Onlineseminaren und den Informationen meiner Selbsthilfegruppe zum Thema Reflux, bin ich auf den SASI, single anastomosis sleeve/stomach ileal bypass, aufmerksam geworden und deswegen im September 2021 im Adipositas-Zentrum vorstellig geworden.
SASI
Ein SASI (nicht zu verwechseln mit einem SADI, single anastomosis duodeno-ileal bypass, einer Abwandlung des BPD, einer biliopankreatischen Diversion) ist im Wesentlichen eine Kombination aus einem Sleeve und Bypass. Als initiales OP-Verfahren spricht man von einem SASI-S, single anastomosis ileal Bypass with sleeve gastrectomy. In diesem Fall haben Studien ergeben, dass damit der Schlauchmagen, zumindest gleichwertig, wenn nicht höher in der Abnahme mit dem Omega-Loop-Bypass liegt.
Da es für mich faktisch „nur“ ein Umbau ist, gilt: eine weitere Abnahme ist möglich, jedoch in geringerem Rahmen; Ausnahmen bestätigen die Regel. Wie es Adipositas-Chirurgen immer wieder betonen: den vollen Effekt einer Adipositas-OP gibt es nur einmal. Was auch der Grund dafür sein mag, dass wann immer die Sprache auf einen Umbau kommt, ich eher selten von ultimativen (Abnehm-)Erfolgen höre. Überhaupt finden sich relativ wenige Einträgen im Internet zu Umbauten oder dem SASI im Besonderen. Hier und da, vor allem im US-Amerikanischen Raum wird von SADIs berichtet und von Durchfallproblematik nach dem Umbau zum SASI. Ich persönlich weiß bisher von einem „SASI“, es hat sich bisher für mich jedoch noch nicht die Gelegenheit ergeben privat mit der Patientin zu sprechen.
Also, ein SASI kann als zweiter Schritt nach einer Schlauchmagen-OP bei erneutem Gewichtsanstieg oder zur weiteren Gewichtsabnahme genutzt werden. Andere Benefits eines solchen Revisionseingriffes sind: mittelfristig weniger Gewichtsrückfälle als beim Schlauchmagen und ein reduziertes Hungergefühl, da Darmbremshormone ausgeschüttet werden, wenn unverdaute Nahrung in den distalen Dünndarm (Ileum) geführt wird. Und das Operationsverfahren hat auch bedeutende Auswirkung auf Typ-2 Diabetes und hohe Cholesterin- und Blutfettwerte, die der Schlauchmagen alleine in diesem Umfang nicht bieten kann. Zudem wird es zur Reduktion von Reflux eingesetzt, da der Druck, dank der neuen Verbindung zum distalen Ileum, im Magen sinkt und die Magenentleerung verändert wird. Mein Thema also.