Status quo 03

- Wieder zu Hause – ein OP-Bericht

26. Juni 2014

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Wiegetag

23. Juni 2014 = 175,9 kg (Krankenhaus Waage)

Aufnahme und Magenspiegelung

Am 17. Juni 2014 war es so weit, es ging auf nach Frankfurt ins Krankenhaus Sachsenhausen, um mir dort einen Sleeve abzuholen. Nachdem wir uns zunächst durch den morgendlichen Berufsverkehr-Stau auf der Autobahn und dann durch Sachsenhausen quälen mussten (wir hatten die falsche Abzweigung erwischt und uns ein wenig verfranzt), ging es zur Aufnahme. Die zog sich, vielleicht auch durch unsere Verspätung, inkl. Magenspiegelung bis beinahe 16 Uhr hin und krönte meinen Tag mit der wunderbaren Nachricht, dass ich - bis dato in seliger Unwissenheit - einen Gallenstein, der wohl eher ein „Brocken“, denn ein „Stein“ sei, mein eigenen nennen darf.

Da ich die Nachwirkungen der Narkose in ein Nachmittagsschläfchen umsetzten konnte, bin ich erst relativ spät wieder auf Station aufgewacht. Und da sich nicht nur meine Mitpatienten, sowie meine Zimmernachbarin, als auf Anhieb sehr sympathisch entpuppten, hatte ich einen sehr entspannten und höchst unterhaltsamen Abend.

OP-Tag

Der OP-Tag kam erst erneut mit einer Wartezeit, die wir, meine Zimmernachbarin und ich, faul im Bett liegend bei leichter Konversation verbrachten, was meine Nervosität in Grenzen hielt.

Schon bei der morgendlichen Visite hatten sich bei meiner Zimmernachbarin, die trotz Sleeve, nach einer Schwangerschaft wieder (30-40 kg) zugenommen hatte und nun auf den Umbau zum Bypass wartete, Unstimmigkeiten in den Voruntersuchungen gezeigt. Bereits am Morgen klar war, dass sie nach einer Magenspiegelung am nächsten Tag wieder nach Hause geschickt werden würde. Ich würde also, wenn ich wieder auf Station käme, nicht wissen, wer mich als neue Zimmergenossin erwartete.  Gegen 12 Uhr wurde ich, ausgestattet mit meiner Beruhigungspille, in Richtung OP geschoben.

Im Vorraum des OPs liegend bekam ich zum ersten Mal, seit ich das Projekt angegangen bin „kalte Füße“. In meinem Pillen-Rausch erwog ich gerade vom Tisch zu steigen und wieder zu gehen, als der Anästhesist kam und mein Vorhaben unterband. (Nachtrag: Ich weiß nicht, ob mir meine Fluchtgedanken auf die Stirn geschrieben standen und der Mann meine Panik bemerkte und gegensteuerte. Ich bin im auf jeden Fall auf ewig dankbar für seine Unterstützung.)

Gegen 14 Uhr, so erzählte man mir, sei ich auf der Zwischenstation (Wachstation) „angekommen“, das erste Mal so richtig wach, wurde ich jedoch erst so gegen 15.30 Uhr. Dem folgte ein Dämmerschlaf, in dem ich aus lauter Angst vor Schmerzen (die tatsächlich gar nicht hatte) fleißig Gebrauch der angebotenen Schmerzpumpe machte – und mir davon fürchterlich schlecht wurde. Erst gegen 18 Uhr war ich wach genug und so klar im Kopf, dass ich den Zusammenhang erkennen konnte. Von dem Moment habe ich die Pumpe aus der Hand gelegt und nicht wieder angefasst.

Ich war gerade lächerlich dankbar, als mich kurz darauf aufsetzten und mich waschen, Zähne putzen und mich mit einem erfrischenden Gel einreiben konnte. Erstaunlicherweise war das Aufstehen und Bewegen nach dieser laparoskopischen OP überhaupt kein Problem. Bei meinen „offenen“ OPs (1994 und 2009) im Bauchbereich, hatte ich ganz andere Erfahrungen gemacht.

Nach weiteren verschlafenen 6 Stunden, es war mittlerweile Mitternacht, war ich so verspannt, dass ich erneut darum bat aufzustehen, mich nochmals frisch machen zu dürfen, zu recken und kurz aufzustehen.

1. Tag nach OP

Der Rest der Nacht verging im Stundenrhythmus, mit dem (für meine Ohren) betäubenden Lärm und dem enormen Druck auf den Arm, des Blutdruckmessgerätes. Wirklich erholsam war diese Phase für mich nicht. Um 9 Uhr durfte ich sogar einen Rundgang durch den mittlerweile beinahe leeren Raum machen, die meisten Patienten waren bereits zurück auf Station. Um 11 Uhr war dann auch ich wieder oben auf meiner Station in einem geräumigen Einzelzimmer. Was im Übrigen auch bis zu meiner Entlassung so blieb. Auch wenn ich die nächsten Tage oft in der Sitzecke auf dem Gang verbracht habe, so konnte ich mich immer in die Ruhe des Zimmers zurückziehen. Was mir die Vorteile – meine Ruhe – und die Nachteile – meine Ruhe – eines Einzelzimmers vor Augen geführt hat.

Der Rest des Tages verging mit Spaziergängen auf dem Gang, Nickerchen, Toilette (der Katheter war bereits auf der Zwischenstation gezogen worden), Spaziergang, Nickerchen, Toilette …. Derweil durfte ich 200 ml Wasser in kleinen Schlucken, über den Tag verteilt trinken, was gar nicht einfach war, denn ein Tröpfchen zu viel verursachte mir umgehend leichte Übelkeit. Ansonsten war ich den Tag komplett schmerzfrei; wobei ich anmerken muss, dass ich zusammen mit den über den Tag verteilten Infusionen auch ein Schmerzmittel bekam.

2. Tag nach OP

Der 20. Juni 2014 begann, nachdem die Routine auf Station abgehandelt war, mit einer überfallartigen „Entführung“, der mich, quer über den Hof, völlig außer Atem, ins Zimmer der „Bariatric Nurse“ brachte. Man hatte mich erst kurz vorher davon unterrichtet, dass meine Anwesenheit bei den Vorträgen, Verhalten nach OP und Ernährungsberatung, verpflichten sei.

Wie ich hinterher feststellen konnte, wichen die Empfehlungen der "Bariatric Nurse" teilweise von dem ab, was ich in den anderen (älteren?) Unterlagen gelesen hatte. Ich beschloss, das Informations-Chaos zu Hause in Ruhe zu sortieren und zu recherchieren. Nachdem die Dame in dem Wirbelwind verschwunden war, in dem sie aufgetaucht war, kam die Ernährungsberaterin dran. Ihre Schulung war sehr viel entspannter und vielleicht deswegen auch interessanter. Sie erläuterte die Empfehlungen des Krankenhauses, nämlich eine vierwöchige Flüssigphase, 2-3 Tage Umstellung und dann normale Nahrung, sowie Vitamin- und Mineralstoff Supplementation.

Kaum zurück auf der Station wartet schon der Arzt mit gezücktem Ultraschall, nur um festzustellen, dass ich nicht nur einen "Klunker" in der Galle hätte, sondern bald eine ganze "Gallenstein-Kette" ausstatten könne – na, klasse. Ansonsten konnte er jedoch keinerlei Probleme erkennen, woher auch? Bis auf die Atemlosigkeit, die den Nachwirkungen der Narkose zuzuschreiben waren, ging es mir wirklich gut.

Den Nachmittag vertrieb mir mein Mann, der wegen seiner Schichtarbeit nicht vorher kommen konnte. Der Abend jedoch war verdammt langweilig. Während durch die offenen Fenster die Partygeräusche der Großstadt und Grilldüfte umliegender Gärten hineindrangen, wäre ich eigentlich bereit gewesen nach Hause zu fahren und mich nach 4 Tagen Internet-Abstinenz endlich wieder an meinen heißgeliebten Rechner zu setzten. Stattdessen habe ich mit Frank Zander (auf rbb) ein wenig in den musikalischen 80zigern gestöbert.

Ab dem 2. OP-Tag war trinken frei; mit Mühe und Not habe ich einen je einen halben Liter Wasser und Fencheltee geschafft, wobei das Schlucken im Lauf des Tages immer besser und besser wurde und auch kein Magengrimmen mehr verursachte.

3. Tag nach OP

Den 3. Tag beherrschten vor allem die Langweile. Mir ging es beängstigen gut und ich wäre zu einem Stadtbummel in Frankfurt bereit gewesen, nur um mir die Zeit zu vertreiben.

Endlich gab es auch wieder etwas zu „Essen“. D.h. eigentlich hätte ich nichts gebraucht, Hunger hatte ich keinen, doch mein Kopf freute ich jedoch darauf. Frühstück: 3 Teelöffel Milchmix, Mittagessen erneut ein paar Löffelchen Suppe (sehr lecker) und in 2 Portionen, über den Abend verteilt, 50 g Joghurt. Mein neuer Magen grummelt dabei von Zeit zu Zeit, gab sich jedoch stets mit einem Schluck Wasser zufrieden.

Für den Nachmittag haben meine Eltern meine Unterhaltung übernommen. Da ich jedoch, ob der gerade wieder in Fahrt gekommenen Verdauung, in der Nähe einer Toilette bleiben wollte, konnten wir das schöne Wetter gar nicht so recht nutzen. Eigentlich wäre es eine tolle Gelegenheit gewesen, sich wenigstens ein kleines Stück weit, auf dem all-samstäglichen Flohmarkt auf dem Frankfurter Schaumainkai, um die Ecke, umzusehen.

Am Abend kam dann, die freudige Nachricht duschen durfte; eine sehr ermüdende Prozedur, insgesamt jedoch einfach wunderbar!

4. Tag nach OP

Nach einer geruhsamen Nacht, die Partypeople draußen hatte ich im Laufe der Nacht ausschließen müssen, indem ich die Fenster dicht verrammelte, begann auch schon mein letzter Tag im Krankenhaus.

Das Frühstück ließ ich gleich mal aus, irgendwas mit Zimt – puh, da ist mir sofort schlecht geworden. Zu Mittag habe ich dann jedoch sensationelle 10 Teelöffelchen Suppe (wieder sehr lecker) genießen können. So langsam entwickelte ich auch ein Gespür dafür, wann und wie mein Sleeve mir anzeigt, dass es genug ist. Ein Ziehen an der Speiseröhre war das Zeichen zum Löffeln niederlegen.

Die Visite bestätigte eine erstklassige Wundheilung, meiner 4 getackerten und genähten Löcher im Bauch, sowie Blut- und Entzündungswerte, die im Rahmen liegen und einen weichen Bauch, laut Ärztin alles so wie es sein soll.

An diesem Tag bestritten noch einmal mein Mann und mein Sohn die Nachmittagsunterhaltung, die uns zunächst ins Krankenhaus Café führte und dann an den Spieltisch, zu einer Runde Rummikub.

Abends gabs erneut ein paar Löffel Suppe, später Joghurt und eine nicht so erholsame Nacht, mit starken Kopfschmerzen.

Entlassungstag

Wie ich bereits nachts vermutet hatte - weswegen ich mir noch in der Nacht meine übliche Blutdruck-Medikamentation aufgelöst und getrunken hatte -  erwiesen sich die Kopfschmerzen als ziemlich hoher Blutdruck. 160/100 hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Es würde noch bis in den Mittwoch hinein dauern, bis meine Medikamente, die ich über die OP hinweg nicht genommen hatte, wieder so richtig wirken würden.

Morgens ging alles flott von der Hand, Visite, Wiegen, erneute Wundkontrolle, Frühstück und Entlassungsbrief. Um 9.30h war ich fertig und kaum hatte ich mich zum Zeitvertreib in meiner Sitzecke im Gang niedergelassen kamen, auch schon meine Eltern, um mich abzuholen und nach Hause zu bringen.

Mein Tag war dann allerdings noch nicht vorbei. Nach einem Nickerchen, der Vormittag hatte mich recht müde gemacht, zog ich los meine Anschlussmedikamente zu besorgen, was gar nicht so einfach war.

Wegen einer 2009 vermuteten Heparin-Intoleranz, die sich jedoch nicht bestätigt hat, bekam ich sicherheitshalber ein anderes Blutgerinnungshemmung-Mittel, was ich noch 14 weitere Tage spritzen muss. Leider hatte die Apotheke und alle anderen im Umkreis dieses Mittel, in der für mich verschriebenen Dosierung, nicht vorrätig. Mir war gar nicht wohl bei der Sache, aber ich würde 24 Stunden aussetzen müssen und hoffen, dass mich die Dosierung, die ich im Krankenhaus noch erhalten hatte, über die Zeit bringt.

Und dann stellte sich der Magenschutz (Omeprazol), als Problem heraus. Eigentlich hätte ich die Tabletten mörsern sollen und in Wasser aufgelöst zu mir nehmen. Nach einer Recherche im Internet, beschloss ich es einfach zu wagen und das Ding im Ganzen zu schlucken; was funktioniert hat. Daraufhin habe ich auch angefangen, meine Blutdruckmedikamente lediglich in Stückchen gebrochen zu schlucken und nicht mehr in Wasser aufgelöst zu trinken (was wirklich widerlich war).

Wieder zu Hause konnte ich meinen Speiseplan um Proteinshakes und Quark erweitern. Viel war es jedoch nach wie vor nicht, was ich essen konnte, aber dafür ging das Trinken wirklich gut. Bereits um 21 h lag ich wie ein gefällter Baum im Tiefschlaf.

Mein Aufenthalt im Krankenhaus Sachsenhausen

Ich habe mich im Krankenhaus Sachsenhausen in Frankfurt, unter der Leitung von Prof. Dr. Weiner, sehr wohl, behütet und überaus gut betreut gefühlt. Das helle und in freundlichen Farben gehaltenen Zimmer, der geräumige Badezimmer, sowie meiner Größe und Gewicht angepasste Bett, dass extra für mich geholt worden war, empfand ich als Luxus.

Der Glücksfall "Einzelzimmer" war natürlich toll, doch hätte mich in dem großzügigen Zimmer auch eine Nachbarin kaum stören können. Der sehr schön angelegte Innenhof lud bei angenehmen Temperaturen zum Verweilen ein. Ärzte, Schwestern und Pfleger und das Schulungspersonal hat sich stets viel Zeit genommen Fragen zu beantworten und Hilfestellungen zu geben. Dass hier und da Wartezeiten entstehen würden, habe ich im vorne herein mit eingerechnet, das bringt ein Krankenhausbetrieb nun einmal eben mit sich. Im Nachhinein hätte ich mir lediglich gewünscht, dass man mich über das Wochenende mit den Blutgerinnungsmitteln ausgestattet hätte; das hätte mir einiges an Stress erspart.

Ansonsten geht es mir richtig gut. Ich habe keine Probleme beim Schlucken, komme mit der Trinkmenge ganz gut hin und schaffe mittlerweile 100 ml Proteinshake pro Mahlzeit, Quark und Suppe gehen auch gute 10 Teelöffelchen. Ich werde zwar noch schnell müde und brauche meine Mittagsschläfchen und außerdem jucken die Pflaster, aber das sind meiner Meinung nach eher Luxus-Probleme.

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