Spritze 01

Nach reichlicher Überlegung und Recherche zur Wirksamkeit habe ich mich dazu entschlossen, die Spritze Freitagsabends zu nutzen.

So würde ich mögliche Nebenwirkungen verschlafen können. Zudem würde die Wirkung über das Wochenende garantiert sein, dann bin ich in der Nähe meiner Küche, und gegen Mitte der Woche auslaufen, Montag bis Donnerstag den Naschereien bin ich den Naschereien im Büro ausgesetzt. Freitags ist mein freier Tag und in der Regel vollgestopft mit Terminen und Aufgaben, da habe ich schlicht keine Zeit ans Essen zu denken.

Bereits nach der 1. Woche kann ich sagen, dass das eine gute Wahl war. Tatsächlich lässt die Wirkung gegen Mittwoch nach, was ich vor allem daran merke, dass die Übelkeit nachlässt und spätestens am Donnerstag meine Durchfälle wieder da sind.

Übelkeit
Harndrang
Gewicht
Dumpings
Food noise, Süßhunger
Verstopfung
Reflux

Doch zurück zum Freitag. Außer, dass ich es irgendwie hinbekommen habe, mir an der Einstichstelle einen kleinen blauen Fleck zu holen, habe ich, bis samstags nach dem Frühstück keine Veränderungen feststellen können. Dann jedoch war mir ziemlich schlecht. Eine Übelkeit, die, wenn ich es beschreiben sollte, irgendwie „im Hals saß“, „stechend“ und „sehr präsent“ war. 

Ich bin zunächst davon ausgegangen, dass das wohl Nebenwirkungen seien, mit denen ich fortan leben müsste. Erst sehr viel später bin ich darauf gekommen, dass ich einfach zu viel gegessen habe.

Auch wenn ich, in zu kurzen Abständen esse, wird mir schlecht, für mich eine ganz neue Erfahrung. Dank Schlauchmagen und Durchfall bin ich in der Lage, kurze Zeit nach einer Mahlzeit wieder etwas essen zu können. Und das war von OP an so. Das, was ich nach OP als Völlegefühl-Signal missverstanden hatte, hat sich 2021 als Hiatushernie herausgestellt. Nachdem diese operiert, war auch das „Voll-Gefühl/Übelkeit“ weg, an dem ich mich bis dahin orientiert hatte.

Das Ausmaß meines Harndrangs war die ganze Woche über erstaunlich. Ob es nun daran liegt, dass ich einen deutlich geringeren Flüssigkeitsverlust wegen der ausbleibenden Durchfälle habe oder ob sich Flüssigkeit aus meinem Gewebe verabschiedet hat, kann ich nicht sagen. Da ich in der Woche kein Körpergewicht verloren habe (wie sich zeigen wird), hat sich womöglich mein Harndrang einfach nur normalisiert.

Ich habe keine Mengen und keine Kalorien getrackt. Ja, ich habe noch nicht einmal darauf geachtet mich „gut“ zu ernähren. Ich habe einfach gegessen, was mein arbeitsreicher Alltag und das sommerliche Wetter hergaben. Ich habe jedoch für einen Termin Anfang September bei der Ernährungsberatung notiert, was ich wann gegessen habe.

Diese Übersicht zeigt mir, dass ich weniger gegessen habe als vor der Spritze, sowohl in der Häufigkeit als auch in der Menge. Zudem war es deutlich einfacher, mir schlechte Essensentscheidungen auszureden. Gerade so als ob das Semaglutid mein Reptiliengehirn in eine leichte Narkose versetzt hätte, und der Verstand endlich einmal in der Lage war, sich Gehör zu verschaffen. Ein Einfluss auf mein Gewicht war bisher jedoch nicht zu erkennen.

Parallel zu meinen Notizen habe ich diese und nächste Wochen ein Glukose-Messgerät getragen. Das war besonders spannend, um meine Dumpings zu verfolgen. Die waren die ganze Woche über abzulesen, habe jedoch erst wieder ab Mittwoch mit deutlichen Symptomen durchgeschlagen. 

Was die allermeisten Patienten als Problem bezeichnen würden, wenn sie davon betroffen sind, war für mich ein Segen. Von Sonntag bis Mittwoch war der Durchfall weg und ich konnte mich meiner normalen Darmtätigkeit erfreuen. Es ist nur schwer in Worte zu fassen, wie dankbar ich dafür bin.

Die lästigste Nebenwirkung war ein wieder verstärkter Reflux. Damit muss ich unter der Spritze wieder sehr viel vorsichtiger sein, was ich abends esse.

Ernährung
Trinken, Elektrolyte
Bewegung

Wie bereits festgestellt, ich habe mir mit dem Essen oder der Essensmenge keine sonderliche Mühe gegeben. Mir ist bewusst, dass ich dringend an meiner Proteinmenge arbeiten und die Kohlenhydrate zurückfahren muss; die Dumpings sind wirklich nicht lustig.

Wie ich aktuell mein Protein hoch und meine Carbs runterschrauben soll, ist mir ein Rätsel. Zurzeit fällt es mir unglaublich schwer tierisches Protein zu essen, dabei ist es egal, ob es Quark, fettes Schwein oder magere Pute ist. Ich bin sofort „voll“, aka ein paar Bissen und mir wird schlecht. Währenddessen finden Carbs, ob mit Stärke oder Zucker, auch in der kleinsten Lücke im Magen einen Platz.

Zudem kann ich noch nicht abschätzen, wie mein Verdauungssystem auf eine höhere Dosierung reagiert, auf meine Ballaststoffe zu achten ist also ebenfalls von Bedeutung.

Bisher habe ich mir wenig Gedanken über meine Trinkmenge gemacht, der veränderte Harndrang rückt das für mich jedoch nun in den Fokus. Ich erwäge auch auf ein Elektrolyt-Pulver zurückzugreifen, da es mir in den kommenden kühleren Monaten stets deutlich schwerer fällt Wasser zu trinken als im Sommer.

Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit, erledige meine Einkäufe zu Fuß und einmal wöchentlich zum Linedance; wobei ich aktuell, bedingt durch die Venen-OP und der Operationsstelle über dem Knie, für 3 Wochen beim Linedance ausgefallen war. 

Ich bin also nicht komplett bewegungslos, aber im Verhältnis sitze ich dann doch viel. Es wäre also angebracht zu Hause oder im Studio wieder Hanteln zu schwingen, sich zusätzliche Workouts suchen, die Spaß machen, oder endlich wieder einmal regelmäßig Schwimmen zu gehen. Wie beim Umsetzen einer besseren Ernährung fühle ich mich auch in diesem Punkt zu paralysiert, um in Aktion zu kommen.

Mein Startgewicht habe ich Freitagmorgen nüchtern und nach meiner Morgenroutine gemessen. In der Folge werde ich mich nun Ende jeder Wegovy-Woche, wenn man samstags als Start der neuen Wegovy-Woche sieht.

Dazu habe ich wieder einmal meinen Schwur gebrochen, mir keine Waage mehr ins Haus zu holen. 

Bei meiner letzten medizinischen Kontrolle, war meine Ärztin entsetzt! Was, keine Körperwaage im Haus? Dies sei aber ein essenzielles Werkzeug, um den Überblick über die Krankheit Adipositas zu behalten. Und mein Kontrolle-liebendes Gehirn hat das freudig aufgenommen.